Krise 4
Der Tag war gekommen, grausam gleichgültig vergeht Zeit. Heute würde die Trauerfeier und Einäscherung von Kolumbus statt finden.
Cathrin hatte dafür die größte Kathedrale angemietet, die verfügbar war. Es hatten sich sehr viele Trauergäste angekündigt, sie konnte nur hoffen, daß alle darin Platz finden würden.
Deciat verzeichnete ein beispielloses Verkehrsaufkommen.
Schiffe, Carrier kamen an, suchten ausgewiesene Parkzonen und Docks auf. Alle Freunde und Explorer der EoT kamen an, selbst die RoA sandten eine Trauerdelegation; sogar mit Hosen; zu diesem Tag.
Landefähren brachten die Gäste, eine nach der anderen, sie alle strömten still in die Kathedrale, nahmen die ihnen zugewiesenen, oder frei verfügbaren Plätze ein.
Dort stand die Rettungskapsel , in der Kolumbus Körper noch immer kryokonserviert lag.
Darüber rotierte ein Holo von Kolumbus Oberkörper, abwechselnd wurden dazu noch Texte herum projiziert.
Darunter:
Die Bürde der lebenden ist die Erinnerung.
Die Wunder der Galaxie erwarten Uns.
Niemand lebt mit Absicht, Nichts ist Ewig, Wir alle müssen sterben. Kommt damit klar.
Und anscheinend völlig zusammenhangslos auch
Atta atta hoglo hulu.
Aus einer der Sitzreihen drang ein Flüstern, in der allgemeinen Stille deutlich zu hören.
Weiß man was es damit auf sich hat?
Die ebenso geflüsterte Antwort.
Nicht sicher, man nimmt allgemein an, daß er sich selbst nicht allzu Ernst genommen hat.
Ahhh...
Blumen und Kränze waren ebenfalls in großer Zahl angeliefert und waren rings um die Kapsel drappiert.
All dies konnte von den bereits anwesenden und noch immer herein strömenden Trauergästen gesehen werden.
Als aller letzter Gast kam noch eine Frau in schwarzem Raumanzug herein, setzte sich auf den letzten freien Platz in der hintersten Reihe neben einen RoA.
Sie öffnete den Helm, ein junges braun gebranntes Gesicht, dunkle kurze Haare kamen zum Vorschein, sie sah sich um. Nach einem Blick auf die Kapsel und das Holo brach sie in Tränen aus, schluchzte hemmungslos, griff dem RoA, der sichtlich verstört war, an den Arm und klammerte sich weinend fest.
Cathrin trat vor die Versammelten. Sprach einen kurzen Dank an alle für ihr Kommen aus.
Sie setzte sich auf einen Platz neben dem Pult.
Zum Beginn der Zeremonie wurde ein Lied gespielt. Vier junge Damen in wallenden Gewändern standen auf der Empore und begannen zu einer Melodie zu singen.
Helft der schwachen Lara.
Er hat sie oft angerufen und erzählt.
Engel gibt es wirklich.
Leben dort oben in der Galaxie.
Lass sie uns besuchen...
Er hat sie oft angerufen und erzählt.
Engel gibt es wirklich.
Leben dort oben in der Galaxie.
Lass sie uns besuchen...
Es war Laras Lied, und sehr gut gesungen.
Unter den Anwesenden Explorern flossen dabei viele Tränen. Warum?
Ob einige der Anwesenden die Legende kannten? Und Ihr kennt die Legende anscheinend auch nicht?
Nun, unterbrechen wir die Geschichte kurz und erzählen sie.
Das Lied erzählte die Geschichte von Lara. Die Legende besagte, daß sie es selbst verfasst hatte.
Dabei ging es um eine junge Frau, die einen Freund hatte, sie beide waren sehr verliebt.
Ihr Freund liebte aber auch die Sterne und träumte davon, in das Unbekannte vor zu stoßen.
Sie machten gemeinsam Pläne, er kaufte sogar eine Anaconda, die er ANGELS CLOUD nannte.
Himmelblau mit weißen Wolken darauf war sie lackiert, den Namen in goldenen geschwungenen Lettern darauf.
Mit viel Liebe und Verstand stattete er das Schiff aus, aber ehe er fertig wurde, hatte er einen Unfall.
Als Lara davon erfuhr, brach sie zusammen.
Eigentlich bei guter Gesundheit, wurde sie vor Trauer krank, ihr Körper nahm kaum noch Nahrung auf, trotz daß sie genügend aß. Kein Arzt konnte helfen, und so wurde sie langsam schwächer.
In der Zeit fasste sie den Entschluss, mit der ANGELS CLOUD und den sterblichen Überresten ihres Freundes auf die lang geplante Reise zu gehen.
Mit dem Unterschied, daß es eine Reise ohne Wiederkehr werden würde, Lara wurde immer schwächer, niemand hatte etwas dagegen tun können. Letztendlich würde sie an ihrer Trauer sterben.
Dafür rüstete sie das Schiff final so aus, wie er es geplant hatte. Da sie noch nie ein Raumschiff geflogen hatte, musste sie auch noch ihre Pilotenlizenz machen.
Als sie fertig war, wollte sie die Reise beginnen, und damit begann ihr Unglück.
Kaum verließ sie die Station, stürzten sich verschiedene Schiffe auf sie, schossen die ANGELS CLOUD ohne jede Vorwarnung ab. Sie wurde mit der Rettungskapsel zurück in die Station transferiert und musste bei der Versicherung das Schiff auslösen.
Nie erfuhr sie den Grund für die wütenden Attacken.
Diese Schiffe waren stets präsent, achteten nicht einmal die Sicherheitszone. Egal zu welcher Zeit sie starten wollte, immer war mindestens ein Schiff da, das sie angriff.
Sie versuchte es immer wieder, bis der Tag kam an dem ihre Finanziellen mittel nicht mehr für die volle Versicherung gereicht hatten. Mehrere Module musste sie verkaufen, um das Schiff nicht zu verlieren. Es traf sie tief. Sie war total verzweifelt, es schien nicht mehr möglich, diese Reise beginnen zu können.
Der Legende nach hatte sie in der darauf folgenden Nacht einen Traum von Engeln hoch in der Galaxie. Sie flüsterten ihr Worte zu, fügten sie zu einem Lied.
Am nächsten Tag wandte sie sich im Galnet an alle die ihr zuhören wollten, sie erzählte ihre Geschichte und sang das Lied.
Dann zog sie Sich auf die ANGELS CLOUD zurück und wartete.
Am dritten Tag danach sammelten sich völlig unerwartet Schiffe im System, landeten aber nicht auf der Station. Sie traten mit niemand in Kontakt, nur untereinander wurden codierte Funksprüche ausgetauscht. Rasch wurden es immer mehr.
Erst waren es 12, dann 24, 40 Schiffe, 60, und als der Tag zu ende ging, hatten sich 100 Schiffe versammelt. Nun kam Bewegung in die Schiffe, die kleinen und mittleren stellten sich vor dem Stationseingang auf. Die großen Schiffe dahinter, sie bildeten eine Art Korridor, wer auch immer die Station betreten oder verlassen wollte musste dort hindurch, jedoch niemand wurde belästigt.
Die Schiffe stellten sich einfach auf. Blieben ansonsten aber passiv.
Als der Korridor fertig war, wurde ein Funkspruch systemweit ausgestrahlt:
„Wir, die freien Explorer, sind gekommen um eine der Unseren abzuholen.
Ab sofort steht die ANGELS CLOUD mit ihrer Pilotin unter unserem Schutz!
Jeder Angriff auf die Pilotin oder ihr Schiff ist ein Angriff auf uns, wir werden darauf mit der gebotenen Härte reagieren.“
Noch ein codiertes Signal wurde abgestahlt, diesmal aber nicht nur Systemweit.
Darauf hin kamen 5 T9 aus dem Whitchspace. Bei allen anderen Schiffen gingen die Scheinwerfer an.
Die 5 Transporter funkten die Station an, forderten eine Landeerlaubnis an.
Da es keinerlei Einwände gab, durften alle landen.
Sie flogen nacheinander durch den Korridor und in die Station. Landeten.
Dort angekommen, trat aus jedem der 5 Schiffe eine Pilotin, dies gingen still zu dem Liegeplatz der ANGELS CLOUD.
Auf ihre Bitte hin ließ Lara sie an Bord.
Sie führten ein langes Gespräch mit Lara, erklärten Ihr daß sich draußen 100 Explorer versammelt hatten, die alle beschlossen hatten, ihr zu helfen. Sie hätten alle zusammen gesteuert, und wollten dafür Sorgen, daß ihr Traum in Erfüllung gehen konnte.
Danach wurden die 5 Schiffe ausgeladen. Ihre Fracht enthielt alles was für die Reparatur und Ausrüstung einer ANACONDA benötigte.
Die ANGELS CLOUD wurde von den fünf kostenlos modernisiert, repariert und auch die Lackierung wurde neu aufgebracht.
Als dies alles erledigt war, gingen die Pilotinnen zurück zu ihren Schiffen. Diese starteten, verließen die Station und stellten sich direkt vor der Station am Beginn des Korridors im Fünfeck auf.
Ein paar Minuten vergingen, nichts geschah, dann auf einmal fuhren alle diese Schiffe ihre Waffen aus.
Gleichzeitig startete in der Station Lara die ANGELS CLOUD.
Sie flog zum Stationsausgang, wartete auf die Freigabe des Startkorridors und dann hinaus.
Als die ANGELS CLOUD aus der Station kam, tauchten 4 Schiffe nahe der Station aus dem Whitchspace auf, fuhren die Waffen aus und wollten sich auf sie stürzen.
Nun kam Bewegung in die 100 Schiffe, mit aller kraft bekämpften sie die 4 Peiniger von Lara.
An diesem Tag ging der Kampf anders aus, die ANGELS CLOUD wurde nicht einmal getroffen, und die Peiniger ereilte ihr Schicksal.
Heute gab es keine Gnade für sie. Lara konnte endlich ihre Reise antreten.
Zügig beschleunigte sie die ANA die 100 Explorer reihten sich alle mit ein. Sie würden Lara begleiten, das war beschlossene Sache, jeder der 100 Explorer würde alles geben, um den Erfolg der Reise zu sichern.
101 Schiffe gingen synchron in den Sprung. Die Reise begann.
Trotz ihrer fortschreitenden Schwäche kam Lara bis weit hinter Sagittarius A*, irgendwo dort, weit von jedem bekannten System verließen sie jedoch die Kräfte, sie konnte das Schiff nicht mehr weiter steuern.
Die ANGELS CLOUD trieb langsam durch das System, in dem sie zuletzt angekommen waren.
Ein leises Signal tickte. Es war ein mit ihrem Anzug verbundenes Medikit, welches anzeigte, daß sie noch lebte.
Es tickte noch ein paar Stunden, das ticken wurde immer seltener, ein letzter Funkspruch von Lara, „Die Engel sind gekom...“ verstummte...
Die Explorer stellten sich ein letztes mal vor der ANGELS CLOUD zu einem Korridor aus Schiffen auf, die ANGELS CLOUD trieb langsam hindurch, jedes Schiff das sie passierte schaltete die Scheinwerfer ab.
Zuletzt, als alle Schiffe passiert waren, ließen alle 100 Explorer gleichzeitig den Systemscanner laufen. Ein gewaltiger Honk erschütterte ein letztes mal das System.
So bezeugten alle ihren Respekt und ließen die beiden nun in der Ewigkeit vereinten Liebenden ihre Reise in der Weite des Alls alleine fort setzen.
Dann beschleunigten alle 100 Schiffe und sprangen aus dem System.
Die Explorer kehrten darauf alle in die Heimat zurück, schwiegen jedoch hartnäckig über den Verbleib von Lara und der ANGELS CLOUD.
Niemand von ihnen hat je verraten, wo das System liegt, oder welche Bezeichnung es hatte, nicht einmal über den Sektor verrieten sie etwas.
Um das Geheimnis zu wahren, sprengten bei der Ankunft im Startsystem alle 100 Explorer ihre Schiffe gleichzeitig mit der Selbstzerstörung. Vernichteten dadurch alle Daten ihrer Reise, so daß nie jemand das System finden würde können.
Einzig über eines waren sich alle einig, die beiden Liebenden hatten ihre Engel gefunden und das System, welches sie nur noch LARAS STAR nannten, wäre von außergewöhnlicher Schönheit.
Bis Heute wurde es nicht wieder gefunden.
Damit endet die Legende von Lara, bis Heute wurde nicht geklärt ob es sich um eine wahre Geschichte handelt.
Nach dem Lied sprachen verschiedene Freunde und Kollegen ein paar Worte, zuletzt trat noch einmal Cathrin vor die versammelten und nahm Abschied von Kolumbus.
Alle erhoben sich, vor der Kapsel öffnete sich ein großes Schott. Dahinter der Plasmaofen des Hauseigenen Krematoriums.
Die Kapsel schwebte hinein, das Schott schloss sich.
Die Tore der Kathedrale flogen auf, Felicity Farseer stürmte herein.